Der Sinn des Lebens

  1. Der Sinn des Lebens eines Menschen ist das Streben nach Verwirklichung der ganz persönlichen, eigenen Antwort auf die Fragen „Was ist der Mensch?“ und „Wer bin ich?“. Mit fortschreitender Persönlichkeits- und Erkenntnisentwicklung kann sich die eigene Antwort im Laufe des Lebens verändern.

  2. Sinn haben ist Ergebnis einer geistigen Leistung des Sinn-Gebens. Die Welt an und für sich ist ohne Sinn. Er liegt nicht in ihr, und kann nicht in ihr aufgefunden werden.

  3. Nur Entsprechendes ist sinnvoll. Der Sinn des Lebens eines Individuums ist das ihm Entsprechende. Was ihm nicht entspricht, nicht zu ihm passt, nicht ihm gemäß ist, kann für es nicht als sinnvoll und sinnhaft gelten.

  4. Was und wer das Individuum selbst ist, weiß oder vollzieht es intuitiv und praktisch im eigenen Lebensvollzug oder durch theoretische Selbsterkenntnis und dementsprechende, aufgeklärte Verwirklichung seines Selbst.

  5. Menschen sind je einzigartige, fühlende und denkende Exemplare einer biologischen und kulturschaffenden Gattung. Der Sinn des Lebens eines Menschen kann daher immer nur individuell sein, wobei dieser Sinn aber auch eine Schnittmenge mit Gattungscharakteristika und Persönlichkeitstypen bilden wird.

  6. Sinnantworten werden zwischen den Polen persönlich – sozial/familiär, weltlich – spirituell und materiell – ideel liegen. Ein sich aufopfernder Lebensretter, ein maßloser Egoist, glückliche Eltern oder selbst ein zum Prophetendienst untauglicher Prophet Moses sind Beispiele von Sinnfülle. Präferenz und Fokus sind subjektiv. Sie harmonieren, konkurrieren oder kollidieren mit sozialen Erwartungen.

  7. Sinnfrage und Ethik haben insofern miteinander zu tun, als ethische Neigungen und Erwägungen zum Menschsein – individuell ausgeprägt – hinzu gehören.

  8. Sinnfrage und Freiheit haben insofern miteinander zu tun, als die Sinnverwirklichung des Einen die Sinnverwirklichung des Anderen einschränken oder unmöglich machen kann. Es gehört dann zum Lebenssinn des – und der – Anderen, gegen eine solche Beschränkung zu kämpfen.

  9. Sinnfrage und Glaube haben insofern miteinander zu tun, als es vorstellbar wäre, dass eine übernatürliche Kraft oder Wesenheit Einfluss auf die Menschheit und/oder auf individuelle Menschen ausübe. Sinnfrage und Glaube bedingen einander nicht, schließen einander aber auch nicht aus.

  10. Sinnfrage und Suizid hängen insofern miteinander zusammen, als negative Stimmungen wie Scham, Selbsthass, Verzweifelung oder Depression zu der unbewusst und emotional vor-bestimmten Ansicht verleiten können, das eigene Leben habe keinen Sinn. Mit dem emotionalen Ausnahmezustand gehen ein gedanklicher Tunnelblick und eine einseitige, selektive Wahrnehmung einher, wonach die Sinnlosigkeit des eigenen Lebens vollkommen klar und unbestreitbar erscheint. Menschliches Denken wird stark von unbewussten Neigungen, Reflexen und Gefühlen bestimmt.
    Besonders schwer durchschaubar ist der Einfluss des Hormonhaushalts auf Stimmungen und Gedanken. Die konfliktträchtigen – meist eher belächelten – Stichwörter „Pubertät“ und „Wechseljahre“ weisen auf die Auswirkungen von Hormonspiegel-Schwankungen und -Veränderungen für das persönliche Denken und Verhalten hin.
    Dass bedeutet ironischer-, gar zynischerweise, dass man sich ausgerechnet in subjektiv ausweglos erscheinenden Situationen womöglich nicht auf das eigene Fühlen und Denken verlassen kann! Je stärker das innere Leiden, desto eher stellt sich dieser persönliche Eindruck ein. Die Sinnfrage mag sich in solchen Situationen stellen, aber eine überzeugende Sinnantwort wird besser überlegt und entwickelt, wenn das innere Erleben soweit nüchtern und frei von negativer Einseitigkeit ist, dass ausgeglichenes Nachdenken und Abwägen möglich ist.
    Im Bedarfsfall muss professionelle Hilfe aufgesucht werden, angefangen etwa beim Hausarzt oder der Telefonseelsorge, um zunächst die extreme, negative Gefühlslage zu lindern.

  11. Sinnfrage und Glücklichsein hängen insofern miteinander zusammen, als das persönliche Glücksempfinden ein Gradmesser für ein sinnerfülltes Leben ist. Das gilt umgekehrt genauso. Wer unglücklich ist, lebt sehr wahrscheinlich falsch. Das einfachste Rezept zum Glücklichwerden ist, Anderen zu helfen.