KI hilft beim Bau der weltgrößten Bogenstaumauer

Selbst für chinesische Verhältnisse wird die zweitgrößte Staumauer Chinas, der Baihetan-Staudamm, am oberen Jangtse in Rekordzeit fertig. Geheimnis des Erfolgs ist – neben umfassender Vorbereitung – eine Künstliche Intelligenz, die allen Beteiligten maßgeschneiderte, individuelle Regieanweisungen gibt.

Megabau mit Gigaleistung

Der Staudamm ist fast 300 Meter hoch. Er besteht aus 8 Millionen Kubikmetern Zement. Das ist über drei Mal die Cheops-Pyramide. Bis zu 2.000 km entfernte Provinzen soll er über das chinesische Höchst­spannungs­netz mit Strom versorgen. Seine 16 Wasserkraft-Turbinen haben eine Leistung von zusammen 16 Gigawatt. Das ist doppelt so viel, wie alle sechs Kernkraftwerke, die 2020 noch in Deutschland liefen. Die Kohlendioxideinsparung wird jährlich bei etwa 52 Millionen Tonnen liegen.

Der Bau fand in schwierigem Gelände in einer entlegenen Region statt. Der Bau der größten Talsperre der Welt, der Drei-Schluchten-Talsperre, hatte doppelt so lange gedauert. Der Drei-Schluchten-Damm war aber niedriger, in der Konstruktion weniger anspruchsvoll und günstiger gelegen. Die schwierige Bogen­­konstruktion der Baihetan-Talsperre ist wegen der sehr tiefen Schlucht nötig.

Der erste Zement wurde 2017 gegossen. Anlässlich der Hundert­jahr­­feier der Kommunistischen Partei Chinas (gegründet am 23.7.1921) soll der Baihetan-Staudamm am 1. Juli 2021 offiziell eingeweiht werden.

Eine KI als Super-Manager

Entscheidend hat eine Künstliche Intelligenz (KI) dafür gesorgt, dass die größte Bogen­staumauer der Welt in nur vier Jahren fertiggestellt wird. Fast alle Bauarbeiter, Ingenieure, Inspektoren und Leiter wurden von der täglich hinzulernenden KI angeleitet, was, wann, wo zu tun sei. Kein Mensch kann eine so komplexe Groß­baustelle 24/7 überblicken. Allein schon tausende Fahrzeuge zu koordinieren, würde eine Leitzentrale erfordern.

Die KI hatte anhand von satelliten­gestützter Positions­bestimmung (unklar, aber vermutlich Beidou) über ein 4G-Netzwerk jedem Fahrer mitgeteilt, wann er wohin zu fahren habe. Das vermied Staus und Verzögerungen, weil Material rechtzeitig da angeliefert werden konnte, wo es gebraucht wurde. Dazu überwachte die KI die Produktion in Zementfabriken, Transportwege, Seilwinden und den Zement-Bedarf an den Bauabschnitten.

Angeblich seien dank der KI sogar Unfälle selten gewesen. Taiwanische Medien berichten nur von einer Schlammlawine, die 2012 mehrere dutzend Arbeiter bei Vorarbeiten in den Tod riss. Damals war die KI aber wohl kaum schon aktiv. (Nebenbei: Die Vorarbeiten begannen schon 2008. Die Staumauer selber wurde ab 2017 errichtet. Der Rekord ist also auch Definitionssache.)

Risse kommen beim Damm-Bau immer wieder mal vor. Die KI hatte den Ablauf von Zement-Mischung, Gießen und Abkühlen aber so optimiert, dass angeblich kein einziger Riss entdeckt wurde. In einer Fachpublikation wird jedoch angemahnt, eine große Verformung mit ernstzunehmenden Rissen zu verstärken. (Man darf den Medien einfach nicht trauen!)

Kosten, Schaden und Nutzen

Der Damm kostet 26 Milliarden US-Dollar. Aber wen interessiert das? Für den Damm wurden 100.000 Anwohner umgesiedelt. Umweltschützer hatten vergeblich gegen den Bau protestiert. Bilder vom Damm sind ein Albtraum.

Aber wenn ein einfaches Atomkraftwerk etwa 1 Gigawatt Leistung hat, dann ersetzt dieser Damm etwa 16 AKW. Die 52 Mio. Tonnen CO2, die er jährlich einspart, entsprechen dem Kohlen­dioxid­ausstoß Norwegens.

Zukunftspläne

China will bis 2060 CO2-neutral werden. Es produziert mehr Strom aus Wasserkraft als fast jedes andere Land der Welt insgesamt an Strom produziert – bis auf die USA und Indien. In nur zehn Jahren hat China fünf der zehn größten Wasser­kraftwerke der Welt fertiggestellt.

Weitere Mega-Projekte in Sachen Wasserkraft sind nach dem Baihetan-Staudamm angeblich nicht geplant. Die günstigsten Lagen sind nun belegt. Insgeheim läuft aber wohl doch die Prospektion am Yarlung Tsangpo in Tibet, wo ein Staudamm gebaut werden könnte, der doppelt so groß wie der Drei-Schluchten-Staudamm werden müsste.

„Kleinere“ Wasserkraft­projekte unter 10 Gigawatt Leistung sind in Planung. Viel Potential für kleine Kraftwerke mit ein bis drei GW Leistung besteht, ebenso ist Platz für viele Pumpspeicher­kraftwerke.

Künftig wird China mehr in Sonnen- und Windenergie investieren, die günstiger sind. Sein Höchst­spannungs­netz kann den regenerativ erzeugten Strom ohne besondere Verluste so weit wie benötigt transportieren. Seine Wasserkraft-Unternehmen werden dann in Südasien, Südostasien, Afrika und Lateinamerika weiterbauen.


Update, 15.07.2023: Der erste Strom wurde am 28.06.2021 generiert. Am 20.12.2022 begann der volle Betrieb. Am 13.07.2023 erreichte die Stromerzeugung mit 12,08 Megawattstunden den bisherigen Rekord.