IT-Rundumschlag 5/21

Twitter gibt sich einsichtig

Nach viel Kritik an Twitter wegen voreingenommener Algorithmus-Programmierung gelobt Twitter nun, faire Algorithmen zu entwickeln. Darum soll sich die firmeninterne Initiative „Responsible ML“ kümmern, die Teil des bereits existierenden „ML Ethics, Transparency and Accountability“-Teams, kurz META, wird. Die Gesichtserkennung soll nicht mehr weiße Gesichter bevorzugen. Tagesplan-Empfehlungen sollen nicht mehr rassistische Stereotype bedienen. Empfehlungen für verschiedene politische Ideologien sollen überarbeitet werden.

Algorithmische Diskriminierung und Verbreitung von Fake News lassen sich nicht allein durch firmeninterne Kosmetik beheben. Dafür sind Firmen viel zu sehr anderen Interessen verpflichtet (Profitmaximierung geht nur, wenn aggressiv nach Marktmacht gegriffen wird). Zensur kann auch keine Lösung sein. Dann doch lieber die Reichweite von News begrenzen, indem weniger Empfehlungen gemacht werden, diese diversifiziert sein müssen, um Echokammern aufzubrechen, und diese nicht mehr allen, sondern nur bis zu 10 Kontakten weiterempfohlen werden können.

Erstes mehr-knotiges Quanten-Netzwerk

In den Niederlanden sind erstmals drei Quanten-Computer miteinander verbunden worden. Das ist der erste Schritt zu einem Quanten-Internet. Die Knotenpunkte können Qubits verarbeiten und speichern. Sie heißen Alice, Bob und Charlie. Alice ist mit Bob, und Bob mit Charlie physisch verbunden. Wenn Alice‘ und Bobs Quantenzustände miteinander verschränkt werden, kann Bob den Quantenzustand in einem zweiten Qubit speichern und seinen ersten Qubit dann mit Charlie verschränken. Sobald Bob seine beiden Qubits intern miteinander verbindet, besteht ein volles Netzwerk von Alice bis zu Charlie. Danach ist es Alice aber sogar möglich, sich direkt mit Charlie zu verschränken – ohne physische Vernetzung. Teile des zukünftigen Quanten-Internet könnten also womöglich ohne Kabel und ohne Funk auskommen!

Außerdem können Alice, Bob und Charlie den erfolgreichen Abschluss einer Quantenverschränkung mit einer „Flag“ signalisieren, was die Umsetzung eines Netzwerkprotokolls ermöglicht.

Wir leben in interessanten Zeiten!

Bitcoin, ein „Segen für die Überwachung“

Der ehemalige CIA-Vize-Chef Michael Morell setzt sich für die Blockchain-Technologie ein. Mit ihr könnten Regierungen illegale Aktivitäten aufdecken, viel leichter als bei traditionellen Banktransaktionen und bei Bargeldgebrauch. Sie sei daher ein „Segen für die Überwachung“. Schwierig seien jedoch Digitalwährungen zu überwachen, die Wert auf Datenschutz legen, wie Monero.

Was so extrem boomt wie Bitcoin, muss einfach schlecht sein. Bei solchen Fürsprechern kann man sich sicher sein. Bitcoin – nein danke!

Krypto-Casino an der Börse

In den USA ist nun der weltgrößte Handelsplatz für Kryptowährungen an die Börse NASDAQ gegangen. Für den Anfang wird der Wert von Coinbase Global Inc. auf etwa 100 Mrd. US-Dollar geschätzt. Geld macht sie vor allem mit den Gebühren auf Krypto-Transaktionen, über 700 Mio. US-Dollar im ersten Quartal 2021.

Spekulanten erwarten, dass die Blase noch viel größer wird. Die Kunst besteht für sie darin, mit vollen Taschen auszusteigen, kurz bevor sie platzt. Mit Kryptowährungen zu handeln gehört sicherlich zu den unproduktivsten Beschäftigungen überhaupt. Aber wenn es um den großen Reibach geht, fragen Viele nicht nach dem Nutzen. Bevölkerungen und Regierungen ignorieren, wie üblich, das Problem.

Digitalisierung im medizinisch-industriellen Komplex

Microsoft hat für knapp 20 Mrd. US-Dollar das KI- und Spracherkennungsunternehmen Nuance gekauft. Nuance-Produkte helfen insbesondere bei der Dokumentation von Patientendaten, indem Audioaufnahmen von Ärzten direkt in elektronische Patientenakten eingetragen werden können. Microsoft legt seinen Fokus auf den Gesundheitsmarkt. Satya Nadella, CEO von Microsoft, meint zur strategischen Ausrichtung: „KI ist die größte Priorität der Technologie und das Gesundheitswesen ist die dringlichste Anwendung“.

Wenn so viele Dollars winken, wer kann dann noch ein Interesse daran haben, dass lukrative Patienten wieder gesund würden?

Ente gegen Goliath

Die datenschutzkonforme Suchmaschine DuckDuckGo hilft, Googles neueste Erfindung FLoC, mit der Tracking verschleiert wird, zu blockieren. Dazu hat DuckDuckGo eine Erweiterung für Googles Browser Chrome entwickelt. Sie rät aber auch dazu, einfach gar nicht Chrome zu benutzen. Die Browser „Vivaldi“ und „Brave“ haben auch schon angekündigt, FLoC nicht unterstützen zu wollen.

FLoC heißt „Federated Learning of Cohorts“. Statt Cookies zu verteilen, findet Google Gemeinsamkeiten im Nutzerverhalten heraus und ordnet Nutzer bestimmten Gruppen zu („Kohorten“). Der Browser verwaltet das ohne Widerspruchsmöglichkeit. Darum laufen die ersten FLoC-Tests nicht in der EU, die davor durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geschützt ist.

Mal was Positives zur DSGVO! Und zum Thema: Hoffentlich lassen ausreichend viele Player Google vor die Wand laufen.